Schon beim ersten Mal 9.000 Mark in der Kasse
Ettlinger Pfennigbasar wird 40 Jahre alt / Am Anfang stand die Idee eines Flohmarkts im Freien
Man schrieb das Jahr 1978, als sich die beiden Familien Foss und Rapke nach einem Treffen im Gasthaus „Reichsadler“ in der Ettlinger Rheinstraße auf den Weg Richtung Innenstadt machten. Auf dem Bürgersteig war an jenem Abend kaum ein Durchkommen, stand doch jede Menge Brauchbares vor den Häusern und wartete auf den Sperrmüll anderntags. „Ich habe mich damals gefragt, warum das alles weggeworfen wird, und ob es nicht besser wäre, einen Flohmarkt zu veranstalten“, erinnert sich Gabi Foss. Zusammen mit Horst Rapke stand sie auf der Liste der CDU für die Gemeinderatswahl 1979 und sah in dem zunächst auf dem Marktplatz geplanten Flohmarkt eine Chance, sich bei den Menschen bekannt zu machen. Gedacht, getan: Die beiden Ettlinger gewannen den damaligen Stadtverbandschef der CDU, Hans-Albert Modler, für ihre Idee und beschlossen, keine Freiluft-Aktion zu machen, sondern den Bürgerkeller in der alten Stadthalle zu nutzen, um vom Wetter unabhängig zu sein. Vier Wochen lang wurden Nippes, Hausrat, Bücher, Kleidung, Schallplatten und vieles mehr gesammelt und sortiert, zwei Tage dauerte das Spektakel, am Ende waren 9.000 Mark in der Kasse.
- Das ganze Geld bleibt seit jeher in Ettlingen -
40 Jahre ist das jetzt her. Längst heißt der damalige Flohmarkt nicht mehr CDU Pfennigbasar sondern schlicht Pfennigbasar Ettlingen, längst ist er ein Großereignis geworden, bei dem an einem einzigen Tag im Jahr satte fünfstellige Euro-Beträge eingenommen werden. Seit jeher bleibt das ganze erwirtschaftete Geld in der Stadt. Und das, meint Gabi Foss, „ist auch das Erfolgsgeheimnis.“ Kaum ein Förderverein, kaum eine soziale Einrichtung oder Organisation in Ettlingen, die nicht schon vom Pfennigbasar profitiert hat. Ob Sozialstation, Babyhilfe, Hospiz Arista, Diakonie, Jugendfeuerwehr, Altenwerk, AWO – sie alle wurden schon unterstützt und viele andere außer ihnen. Beeindruckend: Insgesamt verteilten die Basar-Verantwortlichen in vier Jahrzehnten mehr als eine halbe Million Euro.
Aus 30 Helferinnen und Helfern in der Anfangszeit sind mittlerweile 150 geworden – darunter Kinder und Enkel der „ersten Generation“. Unterstützer aus allen Stadtteilen, ob mit Parteibuch oder ohne, sind präsent, denn auch in die Dörfer fließt regelmäßig Geld aus dem Warenverkauf zurück. Der findet inzwischen in der Entenseehalle Ettlingen-West statt. Umgezogen dorthin ist man vor ein paar Jahren, als die Bürgerhalle Ettlingenweier renoviert wurde. Der Pfennigbasar hat sich im Laufe der Zeit zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt, mit dem Unterschied, dass dort ausschließlich Ehrenamtliche beschäftigt sind. Sei’s bei der Warenannahme, sei’s beim Sortieren, sei’s am Verkaufstag am Stand oder in der Caféteria. Neben Gabi Foss und Horst Rapke prägten in verantwortlicher Position Gertrud Eisele, Alexander Schreiber und Irma Schlegel den Basar, seit 2004 engagiert sich an seiner Spitze Christa Stauch. Sie bereitet in diesen Wochen den runden Geburtstag von Ettlingens größtem Second-Hand-Kaufhaus vor, stellt sich auf den Ansturm, speziell am ersten Sammeltag (21. August), ein.
- Kurios: Blutkonserve und fettige Fritteuse abgegeben -
„Es werden viele schöne, gut erhaltene Dinge gebracht, aber leider auch immer wieder Schrott, „den wir gleich entsorgen, oder Unappetitliches“. Beispielsweise die fettige Fritteuse oder das benutzte Waffeleisen inklusive Inhalt. Gabi Foss erinnert sich sogar an „eine Blutkonserve, die mal in einem der Kartons war“. Aber auch an eine richtig wertvolle Singer Nähmaschine mit Perlmutteinlagen. „Die hat ein Kenner gekauft und dann dem Ettlinger Museum geschenkt.“ Ein anderes Mal fanden Helfer in einer angelieferten Jacke zehn Einhundert- Mark-Scheine. Da sich der Besitzer nicht ermitteln ließ, floss auch dieses Geld sozialen Zwecken zu. Unverändert sind die Verkaufsschlager Kitsch und Kunst, gefolgt von Büchern (auch in Zeiten der Digitalisierung!) und Elektroartikeln. „Die funktionieren alle, das wird vorab von unseren Leuten geprüft“, sagt Christa Stauch. Noch ist die 64-Jährige mit viel Elan bei der Sache, verhehlt aber nicht, „dass ich gerne die Nachfolge regeln würde. Aber Sie wissen ja, das mit dem Aufhören ist bei Vereinen gar nicht so einfach ...“.
Heidi Schulte-Walter